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segunda-feira, 12 de maio de 2025

Zwischen Kälte und Gleichgültigkeit: Gespräch mit einem IV-Rentner in Obdachlosigkeit in Bülach

Zwischen Kälte und Gleichgültigkeit: Gespräch mit einem IV-Rentner in Obdachlosigkeit in Bülach


Ein weiteres Mal war die Redaktion der Revista Repórter X Editora Schweiz an den Gleisen des Bahnhofs Bülach unterwegs, um den Fall eines obdachlosen Mannes zu begleiten. Die Geschichte wiederholt sich, doch jedes Gespräch offenbart neue Details und zeigt deutlicher die Schwächen des Schweizer Sozialsystems auf.

Der Mann, argentinischer Herkunft und mit Schweizer Staatsbürgerschaft, schwankt zwischen dem Wunsch nach einem anderen Leben und der Resignation gegenüber seinem Schicksal. In einem psychosozialen Dialog wurde deutlich, dass er bei einem Sturz aus dem dritten Stock schwer verunglückte. Seitdem lebt er von einer IV-Rente, die nicht ausreicht, um die grundlegenden Lebenshaltungskosten zu decken: Unterkunft, Krankenversicherung, Ernährung und Kleidung. Seine Realität ist kein Einzelfall in der Schweiz: Eine Rente, die kaum zum Überleben reicht – in einem Land, in dem ein Zimmer leicht 1.000 Franken kosten kann und eine Wohnung über 2.000.

Seine Lage wird durch übermässigen Alkoholkonsum – Bier und Wodka – verschärft, der ihm den Appetit, die Gesundheit und die Kraft zum Handeln raubt. Er gab auch an, an Hyperlepsie zu leiden, einer Erkrankung, die sich durch Alkohol noch verschlimmert. Trotzdem zeigte er Interesse daran, soziale Hilfe in Anspruch zu nehmen. Er sagte, er wolle später zur Sozialhilfe gehen, doch in der Vergangenheit wurde ihm bereits Hilfe angeboten – die er ablehnte. Als der Sozialdienst eingeschaltet wurde, wies er die Unterstützung zurück, woraufhin sich die Dienste zurückzogen.

Die Kritik bleibt bestehen: Soziale Dienste müssen sich an solche Fälle anpassen. Eine kalte, institutionelle Herangehensweise funktioniert nicht. Es braucht menschlichen, einfühlsamen und nahbaren Kontakt – wie ihn die Revista Repórter X zu etablieren versucht. Die Sprache muss zugänglich, das Zuhören aktiv sein – und erst danach kann offizielle Hilfe angeboten werden. Vertrauen muss gewonnen werden.

Der Mann zeigte Anzeichen, wieder einen Sinn im Leben finden zu wollen. Er sagte, die Idee, wieder weibliche Gesellschaft zu haben, sich die Haare schneiden zu lassen und sich würdevoll zu kleiden, gefalle ihm. Ihm wurde nahegelegt, dass er durch gepflegtes Auftreten vielleicht das Interesse von Frauen aus seinem Heimatland, der Schweiz, aus Portugal oder Italien wecken könnte. Er lächelte – ein Zeichen dafür, dass in ihm noch der Wunsch nach Zugehörigkeit und Wertschätzung lebt.

Er erwähnte, dass er Familie habe, darunter zwei Neffen, jedoch keinen Kontakt mehr pflege. Auf die Frage nach der Schuld antwortete er, sie liege bei beiden Seiten, übernahm jedoch die grösste Verantwortung selbst. Er räumte ein, dieses Leben – auf der Strasse, ungepflegt, gesundheitlich angeschlagen – selbst gewählt zu haben, anstatt Hilfe bei Familie oder Sozialdiensten zu suchen. Gleichzeitig betonte er, sich nie wirklich angesprochen oder verstanden gefühlt zu haben.

Wer ihm helfen will – etwa die Sozialdienste – muss dies mit Feingefühl tun, sich ihm als Mitbürger annähern, mit Respekt, ohne seine bereits verletzte Würde weiter zu beschädigen. Auch wenn er sagt, er werde Hilfe suchen, ist dies ungewiss. Eine kontinuierliche Begleitung ist unerlässlich.

Dies wäre eigentlich Aufgabe der Sozialdienste – und nicht die eines Reporters. Doch die Revista Repórter X Editora Schweiz wendet sich nicht von solchen Geschichten ab. Das einfache Gespräch war laut dem Betroffenen selbst ein Trost. Er fühlte sich gehört, respektiert und wertgeschätzt. Und das ist bereits ein Schritt.

Von der Gesellschaft abgelehnt, weil er auf der Strasse lebt, gefangen in einem Netz von Schwierigkeiten, bleibt dieser Mann ein lebendiges Beispiel dafür, wie das System versagt – wenn es jene dem Zufall überlässt, denen es nicht einmal ein Mindestmass an Würde garantiert.


Revista Repórter X Editora Schweiz Oficial

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